Rechenzentren stehen heute im Zentrum zweier Entwicklungen: einer rasant wachsenden digitalen Wirtschaft und der ambitionierten Energiewende. Auf der German Datacenter Conference 2025 erklärte Katrin Fuhrmann, Head of Supply & Energy Management Germany bei ENGIE, warum die Branche vor einem strategischen Wendepunkt steht und welche Rolle Rechenzentren künftig im Energiesystem spielen können.
„Wir stehen an einem Wendepunkt“, sagte Fuhrmann in ihrer Rede. „Rechenzentren sind nicht länger nur Energieverbraucher. Sie entwickeln sich zu aktiven Energie-Hubs, und das verändert alles.“
Der Strombedarf von Rechenzentren in Europa ist in den vergangenen fünf Jahren um rund 70 Prozent gestiegen. Während der gesamte Stromverbrauch in Europa seit 2019 leicht zurückgegangen ist, sind Rechenzentren bereits für mehr als ein Viertel des zusätzlichen Energiebedarfs bis 2029 verantwortlich. Bis Ende des Jahrzehnts könnte ihr Verbrauch zwischen 1.000 und 1.500 Terawattstunden liegen. Das entspricht sechs bis neun Prozent der weltweiten Stromnachfrage.
Lange galten Rechenzentren als reine Stromverbraucher. Doch diese Rolle verändert sich. Betreiber investieren zunehmend in erneuerbare Energieerzeugung, Batteriespeicher, flexibles Lastmanagement und Wärmerückgewinnung.
„Wir können Rechenzentren nicht mehr als passive Verbraucher sehen“, erläuterte Fuhrmann. „Sie werden zu Energieakteuren, die nicht nur konsumieren, sondern produzieren, speichern und Flexibilität bereitstellen.“
Ein Beispiel ist die Partnerschaft mit Prometheus Hyperscale in den USA, bei dem Batteriespeicher und erneuerbare Energien mit dem Rechenzentrumsbetrieb kombiniert werden. Und Hyperscaler treiben den Wandel voran:
Google hat gerade die Partnerschaft mit Engie in Deutschland im Bereich „24/7 Carbon-Free Energy (CFE)“ bis 2030 verlängert, Amazon bezieht Energie aus dem Offshore-Windpark Moray West in Schottland. In Berlin soll ein neues Stadtquartier mit 10.000 Wohnungen mit der Abwärme eines Rechenzentrums von NTT beheizt werden.
Im Zentrum vieler Strategien steht das Prinzip „24/7 Carbon-Free Power“. Dabei geht es nicht um Zertifikate, sondern um eine Zuordnung in Echtzeit.
„Dies ist eine radikale Veränderung: vom reinen Energieverbrauch hin zu einem Beitrag zum Energiesystem.“, sagte Fuhrmann.
Der Wandel birgt Herausforderungen. Während ein Rechenzentrum in zwei bis drei Jahren gebaut werden kann, dauert der Netzausbau oft ein Jahrzehnt. Volatile Energiepreise und regulatorische Unsicherheiten erhöhen den Druck zusätzlich.
In Dublin gilt bis 2028 ein faktisches Anschlussmoratorium: Neue Projekte müssen ihre eigene Stromerzeugung oder Speicher mitbringen. Auch in Deutschland drohen ähnliche Engpässe, wenn der Ausbau nicht beschleunigt wird.
Trotz dieser Hürden zeichnen sich Lösungswege ab.
„Kooperationen zwischen Versorgern, Kommunen und Technologieunternehmen sind entscheidend“, betonte Fuhrmann. „Nur so lassen sich Genehmigungsprozesse beschleunigen und Netzengpässe überwinden.“
Rechenzentren können von Stromverbrauchern zu aktiven Treibern der Energiewende werden.
„Wenn wir Rechenzentren als flexible, resiliente und CO₂-arme Energiezentren gestalten, können wir Wachstum mit Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Preisstabilität verbinden“, fasste Fuhrmann zusammen.