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Nachhaltige Quartiersentwicklung: So schaffen wir ökologisch, ökonomisch und sozial nachhaltigen Wohnraum

20. September 2022

Ein Interview über nachhaltige Quartiersentwicklung mit Eva Weiß, Geschäftsführerin der BUWOG

Frau Weiß, Sie verantworten eine Neubau-Projektpipeline von rund 32.000 Wohnungen in Deutschland. Welche Entwicklungen und Trends sehen Sie?

Der Immobilienbereich steht heute mehr denn je vor der wichtigen Aufgabe, zukunftsfähige Lösungen für viele gesellschaftliche Megatrends umzusetzen: Nachhaltigkeit, demografischer Wandel und veränderte Lebens- und Arbeitswelten sind nur einige dieser Themen. Die Fragestellungen sind vielfältig. Wie gelingt es, ökologisch nachhaltigen Wohnraum zu schaffen und dabei die Ressource Boden optimal auszunutzen? Wie können dank smarter Technologien und innovativer Bauweisen die Immobilien nicht nur nachhaltig gebaut, sondern langfristig ökonomisch effizient und energiesparend versorgt und betrieben werden? Wie gelingt urbane Dichte, eine sozial gemischte Stadt der kurzen Wege, die trotz begrenzter Fläche mehr Lebensqualität bietet?

Eine nachhaltige Quartiersentwicklung bietet die Chance, diese Fragen vorausschauend zu beantworten, eindrucksvoll erlebbar gerade dann, wenn eine ehemals industriell genutzte Konversionsfläche umgewandelt wird in einen neuen lebenswerten Ort. Dabei denken wir in ganzheitlichen Quartieren. Wir schaffen die baulichen und konzeptionellen Voraussetzungen dafür, dass in unseren Quartieren gute Nachbarschaften entstehen und die Menschen sich wohlfühlen, dass es innovative Energiekonzepte oder E-Mobility-Angebote gibt und vieles mehr. Zusammengefasst: Wir sorgen dafür, dass unser Motto umgesetzt wird – glücklich wohnen.

 

Sehen Sie auch eine Veränderung beim Wohnen? Wie sehen Wohnungen in Zukunft aus?

Minimalismus wird ein Trend bleiben, aber nicht als Verzicht, sondern nach dem Motto: Große Funktion auf kleinem Raum! Gerade junge Menschen leben gern mit leichtem Gepäck, sie teilen, streamen oder leasen statt zu besitzen. Ähnliches gilt aber auch für ältere Menschen: Funktionale Grundrisse und barrierefreier Zugang – auch zu Gemeinschaftsbereichen, in denen man einander begegnet – all das wird immer wichtiger als die reine Wohnfläche.

Zugleich steigt die Relevanz der Wohnumfelder. So integrieren wir in unseren Quartiersentwicklungen konsequent auch soziale Aspekte wie Treffpunkte, Quartierscafés, Außenbereiche mit Aufenthaltsqualitäten, Pocket-Parks, Promenaden, Spielflächen und andere Orte der Begegnung und des Austauschs. Wohnen endet nicht an der Wohnungstür!

Unsere Gesprächspartnerin

Eva Weiß ist Geschäftsführerin der BUWOG Bauträger GmbH und leitet zusammen mit Thomas Bestgen, Geschäftsführer der UTB Projektmanagement GmbH die Geschäfte der Planungsgemeinschaft Das Neue Gartenfeld. Darin sind die Bauherren UTB Projektmanagement GmbH, BUWOG, Baugenossenschaft BeGeno16 eG, Wohnungsbaugenossenschaft Am Ostseeplatz eG sowie der Jula GmbH vereint. Eva Weiß ist zudem Mitglied im Regionalvorstand des ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V. sowie engagiert im Vorstand des BfW Bund Freier Wohnungsunternehmen Berlin-Brandenburg und gewähltes Mitglied in der IHK-Vollversammlung.

Was ist Ihre Prognose für Berlin?

Konkret auf Berlin bezogen wird der Wohnungsbedarf weiter steigen, denn die Hauptstadt erfährt weiterhin viel Zuzug. Mit großen Neubauquartieren – etwa mit den Halske Sonnengärten am Saatwinkler Damm mit rund 1.000 Wohnungen oder auch mit der Entwicklung der Insel Gartenfeld mit rund 3.700 Wohnungen – tragen wir einen Teil dazu bei, dass die Ziele Berlins zur Schaffung von neuem Wohnraum erreicht werden können. Die letzten großen zusammenhängenden Flächen liegen dabei eher außerhalb des S-Bahnrings. Dort, in den Außenbezirken, werden die Wohnlagen durch Quartiersentwicklungen, wie solche der BUWOG, weiter an Attraktivität gewinnen. Das erfordert zugleich eine bessere Verkehrsanbindung der Außenbereiche und der Gemeinden rund um Berlin.
 

Gerade sehen wir einen sprunghaften Anstieg der Energiepreise, auch Material und Handwerker sind rar. Wie nehmen Sie das wahr in Ihren Projekten?

Bei unseren Projekten im Bau sehen wir noch keine Auswirkungen. Aber wir merken natürlich, dass die Anbieter verhaltener sind in Bezug auf Festpreise, auch die Lieferkettenprobleme machen sich bemerkbar. Besonders betroffen ist Stahl, den wir für den Rohbau benötigen. Die Preisanstiege versuchen wir über eine gute Baukostenreserve abzufangen. Und wir beobachten die Entwicklung der Materialpreise ganz genau und greifen ein, wenn es zu Problemen kommt.
 

Ausgezeichnet mit dem ICONIC AWARD für innovative Architektur - Nachhaltiges Quartier 52 Grad Nord. © BUWOG

Apropos Kosten – ist die nachhaltige Quartiersentwicklung auch unter den neuen Rahmenbedingungen noch ein Thema?

Auf jeden Fall! Klar kostet die ESG-Taxonomie Geld, aber es ist auch eine Investition in die Zukunft. Wir müssen uns mit den ESG-Kriterien und erneuerbaren Energien auseinandersetzen. Nachhaltigkeit ist eine strategische Ausrichtung des gesamten Konzerns und wird allen Projekten zugrunde gelegt. Dazu gehören interne Richtwerte zu verschiedenen Kriterien, zum Beispiel zum Primärenergiefaktor, zum Anteil der mit Elektromobilität ausgestatteten Stellplätze, zu Sharing-Modellen in großen Quartieren und oder soziale Kriterien wie seniorengerechtes Wohnen. Aber auch das Modell der Schwammstadt mit großen Regenwasserrückhaltebecken gehört zum Katalog.

Wichtig ist mir vor allem: Investition in Nachhaltigkeit ist eine gute Investition – in die Zukunft, in Klimaresilienz und in Wohnraum, der nicht nur ökologisch gut, sondern auch über die lange Lebensdauer von Immobilien ökonomisch gut zu bewirtschaften ist! Ökologie, Ökonomie und soziale Nachhaltigkeit sind für uns ein Dreiklang.
 

BUWOG setzt gerade mit Partnern ein Modellprojekt der Zukunft um, „Das Neue Gartenfeld“ in Berlin-Spandau. Wie muss man sich hier die Planung vorstellen?

Als Planungsgemeinschaft haben wir bereits in der Vorplanungsphase 2018 ein Manifest mit den Leitlinien für eine innovative und zukunftsfähige Versorgungsinfrastruktur festgelegt und ein gemeinsames Ziel formuliert: Ein bedarfsorientiertes, emissionsarmes und mobilitätsstarkes Stadtquartier zu entwickeln. Der urbane Raum soll den Menschen zugutekommen, nicht dem motorisierten Individualverkehr. Aus diesem Grund werden Parkflächen konsequent am Siedlungsrand geplant. „Das Neue Gartenfeld“ wird aufgrund des synergetischen Ansatzes, durch nachhaltige Energieversorgung und Digitalisierung den von der Bundesregierung gesetzten Klimazielen für 2040 um zehn Jahre voraus sein. Dabei spielt die durch das Quartierswerk zu entwickelnde „Quartiers-App“ eine wichtige Rolle. Sie wird mehr sein als eine Spielerei auf dem Handy.

 

Hier realisiert die BUWOG rund 140 Wohnungen über einen Nahversorger. © BUWOG

Wie würden Sie die Funktion dieser Quartiers-App beschreiben?

Ist das Quartierswerk das energetische und infrastrukturelle Rückgrat für „Das Neue Gartenfeld“, so ist die Quartiers-App das Gehirn. Sie verbindet Funktionalität mit Service: Von Sharing-Angeboten bis zum Lieferdienst, von Facility- und Abrechnungsdiensten bis hin zu wohnbegleitenden Services für ältere Menschen oder solche mit besonderen Bedarfen. Zur Realisierung des Modellquartiers haben sich unterschiedlichste Akteure – sowohl private als auch genossenschaftliche Immobilienunternehmen – zu einer gemeinsam agierenden Planungsgemeinschaft zusammengefunden. Denn klar ist: Viele zu bewältigende Infrastrukturthemen – von Verkehr bis Energieversorgung – gilt es, zwischen den Beteiligten abzustimmen und die beste Lösung zu wählen – gemeinsam!

Besonderes Augenmerk liegt beim Quartier Gartenfeld darauf, dass nicht nur die effiziente Energieversorgung geplant und umgesetzt werden soll, sondern auch langfristig durch die ENGIE Deutschland GmbH und GASAG Solution Plus GmbH betrieben wird. Gleichzeitig wird das Quartierswerk auch umfangreiche Versorgungsdienstleistungen für ein modernes, urbanes Leben im Quartier erbringen. So entsteht ein ganzheitliches Angebot mit nachhaltiger Strom-, Wärme- und Kälteversorgung, Brauchwassermanagement, E-Ladelösungen, Parkplatz-Management und Sharing-Angeboten aus einer Hand. Eine ebenso zentrale Rolle spielt die Einrichtung der Informations- und Kommunikationstechnologien für die digitale Vernetzung des Quartiers.

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