Kontakt
Magazin
Karriere
Alternative text

Wirtschaft wieder rauf, CO2 weiter runter!

28. Juli 2020

Klimahacks für das Konjunkturpaket

Das vor wenigen Wochen von der Bundesregierung verabschiedete Konjunkturpaket hat historische Ausmaße. Doch hilft es auch, die Jahrhundertaufgabe Klimaschutz zu bewältigen? Nur begrenzt, wenn man die bisherigen Einschätzungen von Experten liest. Eben deshalb dürfen wir den Kopf nicht in den Sand stecken und sollten das Bestmögliche für Klimaschutz und Energiewende herausholen, kommentiert Christian Noll, geschäftsführender Vorstand der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz e. V. (DENEFF).

130 Milliarden Euro hat die Bundesregierung bereitgestellt, um den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Krise zu begegnen. Das Konjunkturpaket hat zu Recht solch historische Ausmaße, denn aus der Pandemie ist längst eine weltweite Wirtschaftskrise geworden. Martialisch war auch das verwendete Vokabular: Die „Bazooka“ wollte Finanzminister Scholz herausholen für den „ganz großen Wumms“. Doch gilt das auch für die nachhaltige Transformation unserer Volkswirtschaft in Richtung Klimaneutralität? Werden die richtigen Weichen gestellt für das Erreichen der Klimaziele und eine deutliche Steigerung der Energieeffizienz, die dafür zentral ist?

Zukunftspaket ist ein erster Schritt

Jein. Immerhin fließen 50 Milliarden Euro in das sogenannte Zukunftspaket. Fast 20 Prozent davon aber alleine in den Aufbau einer Wasserstoff-Wirtschaft. Für das Erreichen der Klimaziele 2030 wird dies aber wohl noch keinen großen Beitrag leisten. Erfreulicherweise wurden die Mittel für die energetische Gebäudesanierung um weitere zwei Milliarden Euro aufgestockt. Das wäre, Corona hin oder her, sowieso nötig gewesen. Denn die mit dem Klimapaket aufgebesserten Programme wurden in der ersten Jahreshälfte sehr stark nachgefragt. Auch die (Wieder-)Aufstockung der angewandten Energieforschung ist lobenswert. Das alles war alles andere als selbstverständlich, da zu Beginn der Krise einige Stimmen gefordert hatten, Klimaschutz nun erst einmal hintenanzustellen. Doch leider werden diese Schritte mittel- und langfristig nicht ausreichen, um unsere Klimaziele sicher zu erreichen. Das hat unter anderem das Öko-Institut bereits betont.

In den Details schlummern noch weitere Chancen

Doch beim genaueren Hinsehen verbergen sich im Konjunkturpaket noch einige Programme, die zwar beim ersten Lesen nicht direkt nach Klimaschutz und Energieeffizienz klingen, bei kluger Umsetzung aber durchaus große Potenziale heben könnten. Deshalb muss es in den kommenden Monaten darum gehen, diese Programme mit Leben zu füllen – im Idealfall klimafreundlich und energiesparend. Konkret geht es zum Beispiel um immerhin fast 4 Milliarden Euro die in Kita-Bau, Schulen, Sportstätten und soziale Einrichtungen fließen sollen. Das ist gut so, denn diese sind oft marode, überaltert und haben viel zu hohe Energiekosten. Neben Klimaschutz werden hier auch Investitionen in die Zivilgesellschaft angereizt. Und: die Öffentliche Hand kann so endlich ihrer im Klimaschutzgesetz vorgeschriebenen Vorbildrolle nachkommen. Das ist längst überfällig, da sich Bürgerinnen und Bürger berechtigterweise fragen müssten, warum sie in Energieeffizienz investieren sollten, wenn ihre Kinder tagtäglich marode Schulen besuchen.

Ähnliches gilt für den versprochenen Digitalisierungsschub, der jedoch erst mit dem Haushalt 2021 mit Mitteln unterfüttert werden soll. Dieses Programm stellt eine große Chance dar, die Digitalisierung für die effiziente Energiewende zu nutzen. Konzepte wie der Einsparzähler, Smart Buildings Lösungen zur intelligenten Balance von Energieangebot und -nachfrage müssen in die Breite gebracht werden. Jetzt hat die Bundesregierung die Möglichkeit, dafür gute und nutzerorientierte Programme aufzulegen. Und zu guter Letzter ein Hinweis: es muss nicht immer der große „Wumms“ sein. Moderne Energiedienstleistungen, die vertraglich zugesicherte Energieeinsparungen liefern können, bekommen noch viel zu oft regulatorische Steine in den Weg gelegt. Diese zu beseitigen kostet den Steuerzahler nichts und könnte im Industrie- und Gebäudebereich große Potenziale erschließen.

Das Konjunkturpaket für den Klimaschutz hacken

Diese kurze Übersicht zeigt: Mit der Verabschiedung ist lediglich der erste Schritt gemacht. Um den im Koalitionsvertrag versprochenen Weltmeistertitel bei der Energieeffizienz zu holen, müssen die Programme nun aber konsequent an den Energie- und Klimazielen ausgerichtet und für die Umsetzer praktikabel ausgestaltet werden. Sie sollten also im Sinne des Klimaschutzes und der Senkung des Energieverbrauches quasi „gehackt“ werden. Denn Energieeffizienzpolitik ist Klimapolitik - das gilt auch beim Green Deal der EU und der anstehenden Roadmap Energieeffizienz des Bundewirtschaftsministeriums.

Klar ist, dass es eher ein Marathon als ein Sprint wird. Die DENEFF läuft deshalb schon schon mal vor und hat den Recoverthon gestartet. Unter dem Motto „Wirtschaft geht hoch, CO2 bleibt unten” wollen wir mit einem kollaborativen Ansatz gemeinsam mit Praktiker/innen und Fachleuten aus Wirtschaft, Gesellschaft und Wissenschaft intelligente „Hacks“ erarbeiten, wie Kommunen, Unternehmen und andere Akteure die politischen Maßnahmen aus dem Konjunkturpaket in der Praxis umsetzen, um auch Energiewende und Klimaschutz voranzubringen. Los geht es am 25. August – gerne auch mit Ihnen! Denn: Machen ist wie wollen, nur krasser!

Mehr über die DENEFF

Möchten Sie mehr über dieses Thema erfahren oder sich beraten lassen?

Schreiben Sie uns!

Unser Experte

Christian Noll
Christian Noll ist geschäftsführender Vorstand der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF).

Die DENEFF ist ein unabhängiges, branchenübergreifendes Netzwerk aus Vorreiterunternehmen und -organisationen, das für eine ambitionierte und effektive Energieeffizienzpolitik eintritt.

Artikel, die Sie auch interessieren könnten