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Stromnetzmanagement – Redispatch 2.0 nimmt kleinere Anlagenbetreiber in die Pflicht

02. September 2021

Im Rahmen der Novelle des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes (NABEG 2.0) startet am 1. Oktober 2021 mit dem Redispatch 2.0 ein völlig neues Stromnetzmanagement. Das neue, strukturierte Verfahren zur Beseitigung von Netzengpässen für Stromerzeugungsanlagen bringt insbesondere für kleinere Anlagenbetreiber erhebliche Veränderungen mit sich. So werden mit dem neuen Instrument zur Regelung von Eingriffen in die Erzeugungsleistung neben größeren Kraftwerken auch Anlagen mit einer Nennleistung von 100 kW bis 10 MW für den Redispatch herangezogen.

Für die betroffenen Anlagenbetreiber und ihre Erzeugungsanlagen ergeben sich neue Marktrollen und -pflichten, denen sie im Zuge ihrer verbindlichen Teilnahme am Redispatch 2.0 nachkommen müssen. Angesichts des daraus resultierenden Aufwands lohnt es sich zu prüfen, inwieweit die anfallenden Aufgaben, etwa die Meldepflichten und die technische Abwicklung, an unterstützende Dienstleister wie ENGIE übertragen werden können.

Redispatch 2.0 für eine bessere und kostengünstigere Erhaltung der Netzstabilität

Wurden bislang ausschließlich konventionelle Kraftwerke im Redispatch für den Netzausgleich genutzt, so regelten das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) bzw. das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) die Einspeisemaßnahmen für Ökostrom und Kraft-Wärme-Kopplung. Die neuen Regelungen zur Sicherung der Netzstabilität führen die bisherige Kraftwerkseinsatzplanung mit dem Einspeisemanagement über das Redispatch 2.0 zusammen. Die Folge: Insbesondere durch die erhebliche Absenkung der Mindestleistung einbezogener Kraftwerke müssen zukünftig deutlich mehr kleinere Akteure – sowohl konventioneller als auch erneuerbarer Erzeugungsanlagen – über eine Verschiebung ihrer geplanten Stromproduktion zum Netzausgleich beitragen.

Stichwort Redispatch

Um Engpässen oder kurzfristigen Überlastungen im Stromnetz wirksam zu begegnen, greifen Netzbetreiber regelmäßig in die "Fahrpläne" von Stromerzeugungsanlagen ein. Im Zuge dieses Eingriffs werden einzelne Anlagenbetreiber angewiesen, ihre Stromproduktion zu erhöhen, zu drosseln oder komplett zu stoppen. Für die temporäre Anpassung ihrer Erzeugungsleistung erhalten betroffene Anlagenbetreiber eine Entschädigung bzw. Vergütung gemäß Energiewirtschaftsgesetz (EnWG).

Der Ausgleich von Stromangebot und -nachfrage stellt für die Netzbetreiber in der gegenwärtigen Entwicklung aber eine immer größere Herausforderung dar. So sind die Anzahl der erforderlichen Redispatch-Maßnahmen und die damit verbundenen Kosten in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Die Gründe hierfür liegen unter anderem in:

  • dem stockenden Netzausbau,
  • dem Ausstieg aus der Kernenergie,
  • der zunehmenden Einspeisevolatilität durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien und
  • der zunehmenden Verflechtung der europäischen Strommärkte.
     

Mit der Einführung des Redispatch 2.0 werden daher mehrere Ziele verfolgt. Die Erhaltung der Netz- und Systemstabilität für eine sichere Versorgung der Verbraucher gilt als oberste Prämisse. Gleichzeitig sollen die Maßnahmen zum Netzausgleich durch die neuen Regelungen möglichst kosteneffizient gestaltet werden und zu einer Senkung der Netzentgelte beitragen.

Redispatch 2.0: Neue Pflichten und Aufgaben für zahlreiche Anlagenbetreiber

Gerade für Betreiber von Anlagen im Leistungsbereich zwischen 100 kW und 10 MW ergeben sich mit dem Redispatch 2.0 zahlreiche neue Aufgaben und Pflichten, denen sie nachkommen müssen. Dazu zählen etwa die Mitteilung und Aktualisierung von Stammdaten, Planungsdaten, Nichtverfügbarkeiten und kurzfristigen Anpassungen und Ausfällen an den Netzbetreiber. Für das Zusammenwirken mit dem Netzbetreiber sind darüber hinaus ein Betreiber (BTR) sowie ein Einsatzverantwortlicher (EIV) der Anlage zu bestimmen. Während der BTR für den Betrieb der technischen Ressource zuständig ist, verantwortet der EIV die Übermittlung vorab relevanter Daten sowie unter bestimmten Voraussetzungen die konkrete Leistungsanpassung nach Aufforderung.

Wichtig: Im Redispatch 2.0 wird über den Aufforderungs- oder Duldungsfall festgelegt, wie einer Anlage die Leistungsanpassung übermittelt wird. Im Duldungsfall erfolgt dies direkt durch den Netzbetreiber, während der EIV die Anpassung im Aufforderungsfall selbst vornimmt. Die jeweils hierfür erforderliche Technik muss ebenfalls bereitgestellt werden. Bei Anlagen, die nach EEG oder KWKG gefördert werden, kann hierzu durch den Netzbetreiber der bereits im Rahmen des Einspeisemanagements verwendete Funkrundsteuerempfänger genutzt werden.

Bilanzierung im Prognosemodell oder im Planwertmodell?

Damit eine Redispatch-Maßnahme korrekt entschädigt werden kann, muss dem Netzbetreiber die Differenz von der tatsächlichen Einspeisung und der geplanten Einspeisung der Anlage bekannt sein. Für eine solche Bilanzierung stehen zwei Modelle zur Verfügung, aus denen sich wiederum verschiedene Pflichten ergeben. Im einfacheren Prognosemodell erstellt der Anschlussnetzbetreiber die Erzeugungsprognose und berechnet die Ausfallarbeit, für die Anlagenbetreiber eine Vergütung erhalten. Hierfür müssen dem Netzbetreiber im Vorfeld lediglich geplante Nichtverfügbarkeiten (z. B. Wartungen) und ungeplante Nichtverfügbarkeiten innerhalb von 60 Minuten gemeldet werden.

Im Planwertmodell erstellt hingegen der Einsatzverantwortliche die Einsatzplanung, übermittelt die aktuellen Planungsdaten, beispielsweise die Fahrpläne für die Stromerzeugung oder die verfügbare Redispatch-Leistung, und berechnet die monatliche Ausfallarbeit. Die Wahl des komplexeren Planwertmodells kann beispielsweise dann sinnvoll sein, wenn eine Anlage anderen Verpflichtungen nachkommen muss, etwa der Bereitstellung von Regelenergie oder Prozesswärme, und in diesen Zeiten nicht für einen Redispatch zur Verfügung stehen soll.

Gut zu wissen:

Für Verstöße gegen die neuen Pflichten hat die Bundesnetzagentur Maßnahmen des Verwaltungszwangs angekündigt. Darüber hinaus sind Schadensersatzansprüche möglich. Dabei stehen Anlagenbetreiber vor der Wahl, die Umsetzung selbst in die Hand zu nehmen oder – da die Erfüllung der Aufgaben gerade systemseitig mit hohen Kosten einhergeht – einen geeigneten Dienstleister zu beauftragen, der die gewünschte Unterstützung liefert.

ENGIE übernimmt neue Pflichten im Rahmen des Redispatch 2.0

Unser Service für Anlagenbetreiber: Als kompetenter Dienstleister mit einem eigenen, diversifizierten Anlagenportfolio und langjähriger Erfahrung im Redispatch 1.0 übernimmt ENGIE auf Wunsch die Marktrollen des Einsatzverantwortlichen (EIV) und Betreibers (BTR) sowie die damit einhergehenden Aufgabenverpflichtungen. Die konkrete Umsetzung, etwa die Wahl des Abrufs-, Bilanzierungs- und Abrechnungsmodells, erfolgt dabei in enger Abstimmung mit dem Anlagenbetreiber auf Grundlage des Einsatzzwecks der jeweiligen Erzeugungsanlage. In diesem Zusammenhang sorgt ENGIE für die reibungslose Übermittlung aller benötigten Daten, prüft die Ausfallarbeit durch Abrufe und stellt die benötigte IT-Infrastruktur sowie geeignete Kunden-Schnittstellen zur Verfügung.

Mit den Serviceleistungen im Rahmen des Redispatch 2.0 verfolgt ENGIE das Ziel, den Aufwand und die Kosten auf der Kundenseite zu minimieren. Dazu trägt neben automatisierten Prozessen auch die Möglichkeit einer automatischen Ausfallerkennung über eine spezielle Kommunikationseinheit vor Ort bei. Darüber hinaus berät ENGIE zu außergewöhnlichen Anlagenkonstellationen und individuellen Standortumsetzungen und bietet die attraktive Möglichkeit, Anforderungen aus dem Redispatch 2.0 und Mehrerlöse aus einer Vermarktung an den Strom- und Regelenergiemärkten zu kombinieren.

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Unser Experte

Daniel Scheu
Als Originator Flexibility & Storage ist Daniel Scheu unter anderem für die Analyse und die Umsetzung energiewirtschaftlicher Potenziale im Anlagenbetrieb und bei der Stromversorgung der Industriestandorte unserer Kunden verantwortlich.

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